Der Zirkus kommt nach Cicely. Die bunte Truppe sorgt für reichlich Abwechslung. Chris fachsimpelt mit einem ehemaligen Physiker über das Raum-Zeit-Kontinuum und versucht dem Geheimnis der Magie auf die Schliche zu kommen. Nachdem Joel erfahren hat, daß seine ehemaligen Kommilitonen in New York Karriere machen, hat er sich vorgenommen, seinen Facharzt zum Endokrinologen autodidaktisch vorzubereiten. Während sich die Cicelianer beim Circus amüsieren, paukt er also fieberhaft "Innere Medizin". Ed assistiert ihm dabei, bis Joel aufs Jonglieren umsteigt. Holling stoßen plötzlich Shellys "unattraktiven und furchtbar großen" Füße ab. In seiner Not sucht er Rat bei Chris und macht Shelly sogar einen überstürzten Heiratsantrag, woraufhin sie äußerst mißtrauisch wird. Als Holling Shellys Schönheitsfehler anspricht, verläßt sie ihn entrüstet und verletzt. Shelly & ihr Teddybär schlüpfen vorläufig bei der frustrierten Maggie unter. Liebeskummer hat auch der fliegende Mann. Der stumme Enrico Bellati aus Phoenix (alias Bob Wilson) hat sich ausgerechnet in die renitente Marilyn verliebt. Hartnäckig wirbt er um sie, bis sie ihn endlich zu sich nach Hause zum Essen einlädt. Doch Marilyn bleibt auf Distanz, sie kann sich nicht vorstellen, mit dem fliegenden Mann durch die Städte zu ziehen. Sie will in Cicely bleiben. Maggie läßt sich die Zukunft aus der Hand lesen, was sie ziemlich verwirrt...
3.9 Get Real Originaltitel
Deutsche TV-Premiere: 10.03.1993 (RTL)
TV-Premiere: 09.12.1991 (CBS)
Diane Frolov & Andrew Schneider Drehbuch
Michael Katleman Regie
Northern Disclosure (Podcast)
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In dieser Folge des Podcasts "Northern Disclosure" sprechen Rob und Janine mit Regisseur Michael Katleman über die Episode "Zeit der Magier" (Get Real).
Die Folge beginnt ungewohnt, da Janine Turner sich erneut aus der Reha meldet, wo sie ihrer Mutter beisteht. Sie spielt auf das in der Episode behandelte Thema der Quantenphysik an und fragt scherzhaft, ob sie sich vielleicht in einem Paralleluniversum befinde. Rob Morrow erwidert augenzwinkernd, sie befinde sich wohl eher in einer David-Lynch-Folge.
"Wenn Ausgerechnet Alaska funktioniert", sagt Rob Morrow gleich zu Beginn, "dann liegt das an dieser Mischung aus Magie, Witz und Tiefgang - und diese Folge hatte das alles in Hülle und Fülle." Katleman, der sein Regiedebüt auf der Serie gab, betonte, sein Ziel sei es gewesen, das Magische durch weniger Schnitte und eine atmosphärische Choreografie zu unterstützen, frei nach dem Prinzip: "Lass die Magie spielen."
Ein Zirkus kommt nach Cicely - und mit ihm das Gefühl, dass sich die Realität ein Stück weit in die Luft erhebt. Im Mittelpunkt steht der stumme "fliegende Mann" Enrico Bellati (gespielt vom legendären Bill Irwin: Pantomime, Tänzer und Sesamstraßen-Veteran), der ohne Worte Marilyn den Kopf verdreht - und das Publikum gleich mit. "Ich bin noch frei, aber nicht interessiert," lautet Marilyns kühler, zugleich anrührender Korb. Rob bezeichnet diese Ansage als "eine der besten Zeilen in der Fernsehgeschichte". Damit wehrt sie zunächst Bellatis wortlose Annäherungsversuche ab. Doch im Verlauf der Folge öffnet sie sich - und lächelt. Zum ersten Mal, wie Regisseur Katleman betont: "Ich wollte, dass ihr Lächeln etwas Besonderes bleibt - etwas, das man sich verdient." Ein weiteres Highlight ist das gemeinsame Essen mit Marylins Mutter (gespielt von Elaine Miles’ echter Mutter!) - ein stilles, beinahe meditatives Familientreffen, bei dem Worte überflüssig sind. "Es war so ruhig, dass es wieder laut wurde", erinnert sich Janine. "Und dann sagt die Mutter einfach: ‚Ich mag ihn.‘ Großartig!"
Rob Morrow erzählt begeistert, wie aufwendig die Schlüsselszene gedreht wurde: Joel fährt in einem langen One-Take durch Cicely und murmelt medizinisches Kauderwelsch, während Bellati am Straßenrand steht. Sekunden später, am Ende der Straße, steht der wortlose Mann wieder da - als wäre er tatsächlich geflogen. Regisseur Katleman lacht und enthüllt den logistischen Albtraum des Takes: "Wir wollten keinen Schnitt - keine Tricks. Bill sprang in ein wartendes Auto, das ihn mit Höchstgeschwindigkeit um den Block fuhr, wurde umgezogen, kam verschwitzt am Ziel an. Das alles in Echtzeit. Und dann wollte uns ein echter Polizist stoppen, weil wir zu schnell fuhren!" Katleman und sein Regie-Assistent weigerten sich, den Take zu unterbrechen, als "Officer Mike" mit seinem Radargerät versuchte, die Dreharbeiten wegen der überhöhten Geschwindigkeit des Wagens zu stoppen. Ein magischer Moment, der zeigt, wie sehr diese Serie ihre Effekte lieber mit Ideen als mit Tricks erzielte.
Wie so oft in Cicely bleibt das Fantastische alltäglich: Ein echter Bär sitzt seelenruhig in der Kneipe, ohne dass jemand ihn beachtet. "Klingt wie der Anfang eines Witzes", scherzt Janine. "Ein Bär läuft in eine Bar … und keiner wundert sich." Zur Sicherheit, erzählt Katleman, seien allerdings alle Statisten um den Bären tatsächlich Tiertrainer gewesen - "für den Fall, dass der Witz schiefgeht".
Michael Katleman, heute bekannt als Produzent und Regisseur von FBI: International, The Last Ship oder Life on Mars, begann als Musiker, dann als Produktionsassistent. "Ich war Tiertrainer, Fahrer, Assistent - alles, was nötig war, um dabeizusein. Das hat mir beigebracht, wie wichtig jede Abteilung ist." Seine musikalische Ader half ihm auch als Regisseur: "Ein guter Dreh ist wie ein Jazz-Stück - du brauchst Struktur, aber auch Raum für Improvisation." In "Zeit der Magier" treffen Realismus und Zirkuspoesie aufeinander. Es gibt contortionistische Frauen mit brennenden Fackeln, Shelly mit gebrochenem Herzen, nachdem Holling ihre Füße beleidigt hatte, und Maggie, die sich von einer Wahrsagerin ihre Zukunft deuten lässt - mit dem Ergebnis: "Ich werde nicht glücklich, oder?" Die Antwort: ein vielsagendes Schweigen. Rob Morrow bringt es auf den Punkt: "Diese Folge fühlte sich an, als würden wir etwas schaffen, das gleichzeitig Kunst und Unterhaltung ist - und das bei perfektem Licht."
Abgerundet wird die Diskussion mit Trivia: Der fliegende Mann Enrico Bellati sollte ursprünglich sprechen - Bill Irwin überzeugte alle, dass Stummheit effektiver sei. Die Szene mit der Contortionistin wurde teils im Studio nachgedreht, weil das Tageslicht in Roslyn (dem Drehort von Cicely) zu schnell verschwand; die Beleuchtung wurde durch den mehrfachen Emmy-Gewinner Frank Prinzi (Kamera) perfekt an die Außenaufnahmen angepasst. Der Kamerastreit zwischen Katleman und Kameramann Frank Prinzi ("300 Millimeter oder 28?") endete mit einem Kompromiss. Und schließlich wurde Marylins Zuhause erstmals gezeigt - samt echter Mutter-Tochter-Besetzung, und der Zirkus im Film wurde nach realem Vorbild des "Jim Rose Circus" gestaltet, einer legendären Seattle-Truppe der 1990er.
Wer beim Reinhören die automatische deutsche Synchronisation auf YouTube lieber nicht hören möchte, kann sie in den Einstellungen (Zahnradsymbol) → Audiotrack einfach abschalten oder ändern.
Musiktitel
Grand River - Byron Derline
Little Girl Eyes - Robin Julien
Bolero Cirque Du Soleil
Little Ways - Dwight Yoakam
The Sweetest Thing - Carlene Carter
Zitate
Chris: "Wenn wir an einen Magier denken, dann kommt uns das Bild von Merlin in den Sinn. Langer weißer Bart, hoher spitzer Hut, stimmt's? Ihr wißt schon. In einer Version der Artussage setzt sich dieser Archetyp des Zauberers zur Ruhe, steigt aus dem Beschwörungsgewerbe aus. Sein Grund: Die Rationalisten kamen ans Ruder und damit war das Zeitalter der Magie zu Ende. Tja, der olle Merlin hätte nicht gehen sollen, denn die selben Rationalisten die sich bemüht haben die Realität in den Griff zu bekommen, fanden sich plötzlich im psychedelischen Land der Physik wieder. Einem Land der Quarks, Gluonen und Neutrinos. Einem Land das sich weigert, bei den Newton'schen Regeln mitzuspielen. Einem Land das viel besser für die Merlins dieser Welt geeignet ist."